
Im aktuellen Interview mit Bild München beschreibt BTV-Präsident Helmut Schmidbauer die Lage in der bayerischen Tennisszene. Eine Klage gegen die Staatsregierung ist nicht ausgeschlossen. Lesen Sie nachfolgend das komplette Interview vom 18. November 2020.
BILD: Herr Schmidbauer, wie viele Tennis-Klubs und -Spieler repräsentierten Sie?
Helmut Schmidbauer: „Rund 2000 Vereine mit 300 000 Mitgliedern. Für die Winterrunde, die jetzt eigentlich laufen sollte, wurden 2300 Mannschaften aller Altersklassen gemeldet. So viele wie nie zuvor."
BILD: Das Verbot trifft nicht die Profis und Leistungssportler, sondern nur die Amateur-Spieler. Wie ist die Stimmung an der Basis?
Schmidbauer: „Die Tennis-Seele kocht, und ist momentan auch nicht zu beruhigen.“
BILD: Wie äußert sich das?
Schmidbauer: „Ich bekomme Mails ohne Ende, wir im Verband müssen uns ständig mit wütenden Tennisspielern auseinandersetzen. Viele Vereine, die juristisch beraten werden, wünschen sich, dass wir als BTV juristisch tätig werden."
BILD: Also vor Gericht Klage einreichen gegen das Hallensport-Verbot?
Schmidbauer: „Wir versuchen noch, im Konsens mit der Bayerischen Staatsregierung eine Änderung der Sachlage hinzubekommen, ich habe einen Brief geschrieben. Das schließt aber nicht aus, dass wir irgendwann vielleicht eine Musterklage anstrengen müssen - was wir eigentlich aber nicht wollen."
BILD: Wie lautet Ihre Forderung?
Schmidbauer: „Wir im Tennisport haben bisher alles getan, um Maßnahmen zur Pandemie-Bekämpfung umzusetzen. Die Gesundheit steht an oberster Stelle. Beim Tennis haben wir auf einer Fläche von 600 Quadratmetern, also zwei Spielfeldern, maximal acht Personen, die sich nicht zu nahe kommen. Auch für ausreichend Belüftung ist gesorgt. Wo gibt es solche Bedingungen im täglichen Leben? Ganz klar: Die Tennis-Hallen müssen wieder geöffnet werden."
BILD: Welche Folgen befürchten Sie andernfalls?
Schmidbauer: „Für den Sport gilt insgesamt: Die Gesundheit bleibt auf der Strecke, körperlich und geistig, wenn kein Sport mehr betrieben werden kann. Man braucht doch einen Ausgleich vom Alltag, gerade in dieser Zeit. Man muss sich auch mal abreagieren können. Und für den Tennissport speziell: Ich befürchte, dass Jugendliche durch die Zwangspause die Motivation verlieren und sich abwenden. Sinkende Mitgliederzahlen und -Beiträge bringen die Vereine wirtschaftlich in Schieflage, besonders jene, die in neue Hallen investiert haben. Und das sind viele. Schließlich die Trainer: Sie verdienen nichts, wenn nicht trainiert wird."
BILD: Ministerpräsident Markus Söder ist Tennis-Fan. Ist der direkte Kontakt nicht möglich?
Schmidbauer: „Wir haben am Anfang der Pandemie regen Austausch gehabt, haben direkte Gespräche mit Innenminister Joachim Herrmann geführt. Das ist irgendwann abgebrochen, weil sich die bayerische Politik auf alles mögliche konzentriert hat, aber nicht so sehr auf den Sport. Vielleicht ist auch das Innenministerium vom Gesundheitsministerium übergangen worden. Es sind jedenfalls völlig abwegige Entscheidungen getroffen worden. Es kann nicht sein, dass alle Sportarten pauschal gleichbehandelt werden. Jede Sportart muss einzeln bewertet werden. Vielleicht laden wir Herrn Söder, Herrn Herrmann und Gesundheitsministerin Melanie Huml mal in die Tennis-Base nach Oberhaching ein, um ihnen zu zeigen, wie gut Tennis unter Pandemie-Bedingungen funktioniert.“
Das Interview führte Jörg Althoff.